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#5

Erster Kaffeetext im neuen Jahr, idealerweise ein […] – aber was heißt hier ’neu‘? Wieder fällt mir ein, dass Zeiteinheiten, Benennungen und all die anderen Rituale nur Hirngespinste sind, seit Urzeit Hin- und Herspukende, Liebgewonnene, unsere Köpfe bewohnende Gewohnheitsgespenster. Ob sie rasseln oder nicht [Kettenmetapher, Lautstärke], geölt sind oder nicht [blinder Aktionismus usw.]: sie sind da, wenn auch nicht immer sichtbar [klebrige Kamelle, ich weiß]. War schon Silvester endlich einmal nur ein großartiger namenloser Tag wie es jeder sein könnte [in der Nähe uns ermöglichender Menschen], so kann dies angeblich neue Jahr vielleicht auch genau das sein: eine Zeit, die man nicht direkt mit Namen beschmeißt und schlicht ohne Erwartung gelten lässt. [Ich denke mir: eine kommende Rubrik muss den Titel „Ein neuer Name für Alles“ tragen, wobei ich nicht nur an den Song der Weakerthans denke und nicht nur an die Erzählung Bichsels, sondern naturgemäß an alles Andere, gleichzeitig. Größenwahnsinnig lüpfe ich hier den vorletzten Schluck. Die Schrift zur Illustration habe ich vorgestern gekauft, ich denke, das könnte klappen, irgendwann – in diesem sogenannten neuen Jahr, das wie immer ein neues Sieb sein wird – mal sehen, was sich auffangen lässt in der Flucht des Abfallenden]. – Wo war ich? Richtig, das sogenannte neue Jahr. Das ist natürlich nicht die Wahrheit, nichts ist neu: man bewohnt denselben alten Körper mit denselben gewöhnlichen Gebrechen, larviert in denselben Gedanken an Diesesundjenesnoch und versucht, wie immer, mehr zu erschaffen als man kann und -. Nein, warum nicht eine Gewohnheit abbrechen wie einen Satz, in dessen Mitte man zur Überzeugung seiner Nichtigkeit gelangt. Was fehlt ist Konsequenz. Ich sehe die Ferrero Küsschen, denke: Gift!, und esse das 27. [ich habe aus Authentizitätsgründen nachgezählt]. Ich sehe diese Seite, denke: Viel mehr Arbeit, unmöglich, lächerlich, vergeblich, und stürze den letzten Schluck Kaffee in dem Gedanken hinunter, dass dies auf einen Unbeteiligten vermutlich entschlossen wirkt. Ich denke dies und jenes, handle aber nicht dementsprechend, entspreche mir nicht. Sage mir stattdessen: Konsequenz ist ja nur ein anderes Gespenst. Man muss ruhen, ausruhen, kompensieren. Und spiele dann wieder 8 Stunden ohne Pause, weil ich mir sage: das wirkt. Aber wer spricht? Und wer benennt? Die Stimmen schallen im Chor der gewöhnlichen Geister, die Gespenster [Ibsen, Leute, lest Ibsen] feiern ihre Liturgie und man selbst sucht, seit anno Gedankenausbruch, seit je, für immer: die Ruhe des Resonanzraums.