';
side-area-logo

#4
 
Kosmonautis ist ein notorischer Lügner und Schelm, aber er schreibt, das muss reichen. Nichts gegen das Immernochhöherzielen und Immernochmehrerwarten, um das Nieidealeaberimmernochbesseralsdurchschnittliche zu erreichen, nichts gegen Idealismus, aber den kann man nicht lesen oder trinken. Man verdurstet nur. Man will den besten aller Titel finden, überlegt, lenkt sich ab, liest Goldt, stößt auf den besten aller Titel und ist sofort tot – zack, ohne Mätzchen und Krawall, man hat gar keine Zeit zum Schreien, man liest diesen Titel, Dämmerschrecksekunde und Ungläubigkeit, nein nein, das darf nicht … man kriegt den Hirnschlag in Zeitlupe, aber noch hat man seinen Kreativtod nicht begriffen, noch könnte man ihn abwenden, doch man will sicher sein, wirklich sicher sein, ob man sich nicht verlesen hat, ob man nicht hinzugelesen hat und stellt sofort die Rettungsringfrage an den Teil in sich, der noch nicht vernichtet Daumen lutscht: ist der Titel wirklich so vernichtendgut, dieser Titel auf den man gestoßen ist, der einem zugestoßen ist, ist der wirklich das Ende eigener Bemühung, der Kreativdolchstoß durch die Augen ins Gehirn? – ja, denk ich, der ist so gut! und bin wortentmachtet, kreativ erledigt, ein leeres Klo. Von nun an Daumenlutschen bis zum entkräfteten Halbdämmerschlaf. Nachts dann wieder das völlig durchgeschwitzte NEEEIIIN-in-die-Nacht-Schreien, und weil niemand da ist und die Nacht nicht mal lacht, versucht man wieder zu schlafen – ohne Märchen und Ausreden. Auch keine Lust auf Ausreden und das Sichselbstbeschnullern a la „jede Stimme zählt“, „du bist noch nicht so alt, du hast noch Zeit“, „deine Verzweiflung ist wenigstens authentisch“. Alles dysfunktionaler Salbei. Morgen wird weitergespien. Heute erstmal diesen Text fertig, Kaffee ist schon kalt, Verrat am eigenen Konzept, super, denke ich, guter Anfang, denke ich, na immerhin werden Kosmonautis und Heyden was schreiben, irgendwann. Schon um sich zu beömmeln. Schweinepriester! Lest mal lieber Goldt und lasst Euch vernichten. Also was solls, nicht mehr 21:37, sondern knapp über 23:04, Kaffee kalt, Nacht zu kurz, morgen Alltag, da reicht es nicht für Perfektion. Keine Zeit mehr, Worte zu wählen und abzuwägen, aber ich habe auch gar keine Lust, immer abzuwägen, keine Lust immer alles in höchster Konzentration aus der Gehirnorange zu pressen. Es gibt zu wenig Raum für das Scheitern. Und das ist aus mindestens drei Gründen fatal: 1. Ausgestellte und behauptete Perfektion/Vollkommenheit vernichtet jeden das Unmögliche Versuchenden. 2. Jeder Scheiternde hält nicht die Vollkommenheit, sondern sich selbst für fragwürdig, unfähig, überflüssig. Schon der Vergleich vermadet. Dementsprechend Einsamkeit im Unbegriffensein – und das kann und darf nicht die Wirkung der Kunst sein, soll sie doch aufschließen, in Verbindung bringen, erheben, oh moment, kalter Kaffee und Pathos, besser, ich ende hier, also 3. Der Kaffee ist alle, gute Nacht.