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Vielleicht jetzt

Sie verlässt ihr Büro und schließt automatisch die Tür. Die Gedanken greifen vor, ins Regal: einkaufen, sie braucht noch was zum Abendessen, am besten etwas, das schnell geht, das keine Aufmerksamkeit fordert wie ein zu wendendes Steak, das nach dem Blick zur Uhr verlangt, ist es durch, ist es durch, ist es endlich durch, nein, also weiter – und sie kann nichts weiter tun als dastehen, drehen, wenden, braten lassen, warten. Sie erreicht den Einkaufsladen, das sogenannte Shoppingcenter, die natürlich nicht zentral gelegene Anlaufstelle für Besorgungen in einem Radius zu Fuß zurücklegbarer Entfernung, die nicht zuviel Zeit kostet. Niemand spricht sie an. Der junge Mann, der die Tomaten mustert und die Nase nah ans Plastik der Verpackung hält, der schweigt. Der Typ in Jogginghose, der mit seinen breiten Händen durch die Tiefkühlpizzen sucht und sich für eine ohne Ananas entscheidet – auch. Wäre eben eine Möglichkeit gewesen, denkt sie, nein, ich denke nicht, womöglich nicht. Und denkt vielleicht: Urlaub würde auch nichts ändern, und packt sich auch ne Pizza ohne Früchte ein und zahlt und geht nach Hause und zum Ofen. Und guckt dem Käse unter Oberhitze zu. Und denkt vielleicht: Ein Wort zur richtigen Zeit an wen auch immer – das würde wohl was ändern. Aber solche Worte muss man erstmal finden, die wachsen nicht wie Gras am Alltagsweg direkt zur Arbeit. Und so ist es wohl mit denen, die die Worte, die man erstmal finden müsste, wohl verdienten, wenn man diese erst gefunden hätte, auch. Doch das verführt zu nichts, das sagen auch Kollegen, die an manchen Abenden vielleicht ja auch in ihren Küchen stehen und in Taschen kramen und für Ordnung sorgen und mal lüften und das Licht anmachen und dann prüfen, ob sich denn auf irgendeiner Arbeitsfläche Staub versteckt, der wie zuletzt und auch in dieser Nacht auf keiner einzgen Fläche liegt. Und ‚Morgen Arbeit‘ steht auf allen Uhren und das Denken ebbt und Pizzakäse platzt nun bläschenweise. Und sie setzt sich vor das warme Glas und schweigt und denkt womöglich: Vielleicht ist jetzt der Augenblick.