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Wovon wir sprachen, als wir von Musik sprachen

Der Kontext war (und das nur ausschnittig beziehungsweise sorgfältig aus dem ganzen Tag hinausgelöst und für den Moment betrachtet) ein Frühstück um 14 Uhr; Eingeweihte wissen, wovon die Rede ist. Der Duft frisch aufgesetzten Kaffees, der müde Kopf, selbst Bett ruhender Gedanken, die kälteempfindlich ihre Füße aus der Wirklichkeit unter die Decke ziehen, schlicht nicht aufstehen und so gedacht: gar nicht erst entstehen, also dieser Bettkopf gestützt auf langschlaferschlaffte Arme; Blicke über den Tisch geweht, frische Brötchen, da hüpft die Freude, große Tassen für den Kaffee, da hüpft die Freude, und ein Gesprächspartner, die Freude ist recht ausgelassen, für ein Frühstück um 14 Uhr an einem Tag ohne Pflicht, mit Musik; im Hintergrund diese Musik und unser Sprechen von und über, mit Musik. Und wovon sprachen wir? Von Filmen und Reisen, Beziehungen und diesem Bann des Angezogenseins, von Katalysatoren. Von Stimmungen und das heißt im Grunde doch darüber, wie man gestimmt ist. Ohne diese und jene Stimmung fällt die Musik in uns wie die Sonne in die Unfruchtbarkeit selbst. Wie notwendig die empfangsbereite, die entsprechende, die harmonierende Stimmung, in der man sein muss, die man sein muss, im Grunde wie das Instrument; wie das Instrument wird man gestimmt, wie man gestimmt ist, so klingt man. Musik ist doch, und darüber sprachen wir nicht, das denke ich jetzt, mit einer 7/8-leeren Kaffeetasse, Musik ist doch auch die Einübung in Wohlklang, in das harmonische Sicheinfügen. Das ozeanische Gefühl, denke ich, mich erinnernd, durch den Gedanken an Musik, sie erinnernd hörend. Cioran: „Es ist das Schwerste auf der Welt, sich in die Stimmgabel des Seins einzuschwingen und seinen Ton zu erwischen.“ Musik ist doch eine helfende Kraft, sowohl als Anschwung zum als auch als Ausdruck dieses Seins. Und dann, hier geht der Kaffee zuneige, also sei es nur angedeutet, quasi angedacht: ist Leid nicht der große Misston, der penetrante Ton, der sich in jedwede Musik hineinklingt und soviel unerträglich, unhörbar macht – noch aus dem schönsten Stück schneidet er heraus ins Ohr, verleidet. Aber davon später, wenn wieder Kaffee fließt. Wir sprachen von Musik durchdrungen über dies und das, was ich jetzt verschweige, wir waren, so kann man vielleicht denken: zusammen im Element.