GOETHE MÖCHTE GEMÜSE
GEGESSEN WISSEN
Goethe guckte wieder Videos. Der Tag war anstrengend, alles mögliche war von ihm verlangt und unzähliges gewünscht worden. Sogar auf dem Zwiebelmarkt war ihm aufgelauert worden. Die Worte der dreisten Speichellecker fielen wie faule Eiern auf seinen Kopf, er fühlte sich schmutzig und wollte wie immer weg, nur weg. Zuviele Menschen auf zuwenig Platz. Also rannte er in seine Wohnung: Etwas Gemüse, etwas Gesundes, Hauptsache kein Fastfood, irgendetwas, das einen an die schweigende Natürlichkeit einer Welt ohne Ansprüche und Auslieferung erinnert.
Da, der Schaukelstuhl. Ein paar Kerzen angezündet, kleine flackernde Lichtpunkte vor einem Laken aus Nachtschwarz, das hinter den Fenstern weht. Ein kleiner vegetarischer Snack, Gewissensessen sozusagen, was haben wir da: Zwei Tomaten, eine Gurke. Goethe ist der entspannteste Goethe, den man sich denken kann, er sitzt im Schaukelstuhl, knabbert an der Gurke und denkt sich: Jetzt erst einmal ein Porno zum Runterkommen. Hoch- und Runterkommen. Goethe beißt gerade wieder in die Gurke, da schiebt sich eine junge Frau eine solche in den Hintern. Goethe kanns nicht fassen. Er gurgelt, verschluckt sich, hechelt, hustet: Goethes Hustenanfall schallt durch ganz Weimar. Die Tomaten fallen aus seiner hektisch fuchtelnden Hand und werden vom hin- und herwippenden Schaukelstuhl zermatscht. Goethe hastet hoch, will den Porno stoppen, verliert das Gleichgewicht und fällt wie geschlagen aus und neben den schaukelnden Stuhl. Da liegt nun Goethe mit der Gurke. Und beide sehen sich an als wollten sie sagen: das hat es früher nicht gegeben.